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DIVERSITY 2020/21

Wechselbeziehungen von Form/Nichtform, Innen/Außen und der Bezug zum Raum sind bestimmend für meine Arbeiten. Serielle Auslotungen innerhalb einer selbst gesetzten formalen Begrenzung schaffen Rhythmen und Bezüge.

 

Die aktuellen Arbeiten beschäftigen sich mit unserem Verhältnis zur Natur.

Es ist mittlerweile Konsens, dass wir die Vielfalt, die Diversität bewahren müssen. Durch Gobalisierung und Klimawandel und auch aktive Einbringung verbreiten sich Pflanzen weltweit in immer schnellerem Tempo. Wir befinden uns in selbst gemachten Widersprüchen, z. B. werden mangels Blühflächen Pflanzen ausgebracht, die mittlerweile als invasive Neophyten gelten und klimaresistente Bäume werden einerseits gepflanzt, andererseits bekämpft, da sie bestimmte heimische Naturräume bedrohen.

Es stellt sich die Frage – was möchten wir bewahren? Was empfinden wir als heimisch, als zugehörig? Hat es mit Nischen zu tun, mit Unauffälligkeit, Gewohnheit, Nutzen?

Flechten ist eine alte Menschheitstechnik, um etwas zu bewahren/aufzubewahren. Geflechte aus Eisendraht, die an Samenformen erinnern, ergeben kleine zarte Raumzeichnungen.

Metallrahmen bilden ein grafisches Gerüst/ein Ordnungsprinzip, aber auch eine umfassende Einheit.

 

 


Kunst in Kirchen 2019   |   EDEN – SEHNSUCHTSORT

Presseartikel von Elfriede Maresch

Usenborn (det). Auch die evangelische Kirchengemeinde Usenborn nimmt an „Kunst in Kirchen“ mit dem Thema “Eden“  teil. Dunkle, leere Kreisformen, eigentlich Ringe hängen auf der einen Seite der St-Laurentius-Kirche. Sie wirken wie ein graziles Mobile, jeder Lufthauch setzt sie in Bewegung. Durch sie hindurch kann man auf den Chorraum mit seinen Wandmalereien sehen, die Aufmerksamkeit wird auf die überschlanken Apostelfiguren aus dem 14. Jahrhundert gerichtet, auf die romanischen Triumph-kreuze darunter. Zugleich sind die Ringe Projektionsflächen, Betrachtende fragen sich, was die Leerstelle füllen könnte.  „Gedankenräume“ sieht die Wetterauer Künstlerin Christine Wigge darin und lädt ein, sich in Ruhe auf die Fragen und Assoziationen einzulassen, die beim Betrachten entstehen.

Die Kreisformen über den Bänken der anderen Seite sind ebenso groß, ebenfalls aus schwarz lackiertem MDF gefertigt. Hier aber sind die Flächen geschlossen, Wörter sind eingelasert: „Berghexe“ ist zu lesen, „Mooshummel“, „Weidenglucke“, „Blaukernauge“, „Eintönige Wintereule“ und „Frankfurter Ringel-spinner“.  Wer hat für Christine Wigge solche Namen ausgedacht – ein fantasievolles Kind vielleicht oder der Autor eines Kunstmärchens? In Wirklichkeit war Wigges Fundort war die Rote Liste, die Aufzählung ausgestorbener oder von Aussterben bedrohter Tiere. Die genannten Namen gehören zu Insekten, vor allem zu Faltern. Der Lebensraum, den sie brauchen, verschwindet mehr und mehr. Statt der seltenen Gräser, die ihre Raupen als Nahrung benötigen, gibt es unkrautfreie Rasenflächen, wenn nicht gar Kies-bedeckt – der „Ordnung“ wegen. So geht eine Art um die andere unwiederbringlich verloren.

Christine Wigge will keinen Biologieunterricht geben. Sie vermittelt mit ihrer Installation das Erlebnis des Fragilen, leicht Zerstörbaren, der Dinge, die nicht fixiert, sondern in unendlicher Bewegung sind. Gilt die Verheißung „So lange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze Sommer und Winter, Tag und Nacht“ nicht mehr oder sind die Menschen dabei, deren Basis zu zerstören? Damit gestaltet die Künstlerin die Fragen, die sie im Zusammenhang mit dem „Kunst in Kirchen“-Thema beschäftigen: „Was ist Eden für mich? Was ist mein Sehnsuchtsort?“ Sie sucht die Verbindung ihres Werkes mit dem schönen alten Kirchenraum mit seinem gedämpften Licht, dem Blick auf Bogen und Chorraum dahinter. Wigge setzt diesem ruhevollen Raum das Bewegliche ihrer Installation entgegen, betont den Zusammenklang: „Schon beim ersten Besuch im Kirchenvorstand vor fast einem Jahr fiel mir die Offenheit auf, mit der mir die Kirchenvorstände entgegenkamen. Es macht mir Freude, meine Arbeit so zu platzieren, dass sie einen eigenen Akzent im Kirchenraum darstellt und sich doch in das Ganze fügt.“

Christine Wigge ist in der Wetterau aufgewachsen und lebt und arbeitet mit ihrer Familie hier. Sie hatte in Wiesbaden an der Fachhochschule den Studiengang Kommunikationsdesign belegt und mit dem Diplom in Originaldruckgrafik abgeschlossen. Sie gestaltet grafische Aufträge, setzt sich aber persönlich auch mit Skulpturalem und Bildhauerei auseinander. Dabei wählt sie unterschiedliche Materialien und Ge-staltungen, oft von geometrischen Formen ausgehend. Wählte sie zunächst eher Papier, Farben, unter-schiedlichstes Collagenmaterial, so wechselte sie zu Stahl, auch zu Acrylglas, das sie mit Lasertechnik gestaltet. So entwickelt sie Strukturen, die mit dem Ausstellungsraum interagieren: Reliefs mit dem Farben- und Schattenspiel ihrer Oberflächen, Bewegliches, das die Luftströmungen selbst im geschlossenen Raum anzeigt. Sie ist bei diesem „Kunst in Kirchen“-Projekt die Repräsentantin für die Wetterau, hat generell ihre Arbeiten in Einzel- und Gruppenausstellungen schon in mehreren Bundes-ländern präsentiert und sucht den Dialog mit den Betrachtenden: „Ich lade zum Sehen, Denken, Spüren, Mittun ein“. Sie hat auf einen Tisch neben dem Kircheneingang recycelte Dosen zum Mitnehmen aufgebaut. Schilfhalme als Nisthilfe für Wildbienen sind darin, daneben Samentütchen für Blüten-pflanzen, die Insekten Nahrung bieten wie Ringelblume, Kamille, Akelei, Borretsch. Geben und Nehmen: in leere Tütchen können entsprechende Samen aus dem eigenen Garten gefüllt werden.

Ins Gespräch mit Christine Wigge können Interessierte bei der Eröffnungsveranstaltung am Samstag, 24. August um 19 Uhr in der evangelischen Marienkirche Ortenberg kommen. Ebenso bei der Wanderung am Sonntag, 25. August von Ortenberg nach Usenborn (Start um 14 Uhr an der katholischen Christkönigkirche Ortenberg).

© Elfriede Maresch/Kreisanzeiger, Erschienen im Kreis-Anzeiger für Wetterau und Vogelsberg am 23.8.1019

Kunst in Kirchen: Sehen, denken, spüren PDF Datei (110 KB)


Einführungsrede „ErzArt4“, KunstTurm Mücke, 2018 (Ausschnitt)

Volker Bunte (Kunsthistoriker, Gießen)

„Denken in Bewegung“        . . .  2007, 2010, 2014 – und nun 2018 ErzArt4. Sieben Künstlerinnen und sechs Künstler zeigen hier ihre Arbeiten. Viele KünstlerInnen haben ihre Werke direkt für diese Ausstellung hergestellt. Einige Arbeiten haben einen historischen Bezug zu dieser Region. Viele sind ganz speziell für den Ort, an dem sie hier aufgestellt sind, angefertigt worden.   . . .

Christine Wigge, Friedberg „Gruppierung“:   2010 zeigte Christine Wigge hier die Schutzhütte, man konnte Zettel beschriften wen oder was man beschützen möchte, und die Worte wurden dann von ihr an die Wand geschrieben. Ein Versuch den Raum zu gliedern, Rhythmen zu schaffen führt sie auch dieses Mal durch. Wenn Sie in den Kunstturm eintreten, stehen Sie ihrer wunderbaren seriellen Installation gegenüber. ErzArt ist auch oftmals ein Stück Erinnerung an lokale Geschichte. Das Foto, welches hier Ausgangspunkt der Arbeit ist, zeigt 68 hiesige Erzbergwerksmänner, die in ihrer Bergmanns-Ausgeh-Uniform in fünf Reihen hintereinander wie aufgetürmt dastehen. Das was aber formal heraussticht sind nicht die Rangabzeichen oder die Gesichter der Männer, sondern die Knopfleisten ihrer Anzüge. Der Rhythmus der Knopfleisten zeigt eine legitime Reduzierung des Bildes auf ein Merkmal. Auf die geschichtliche Dimension (die Fahne mit Hakenkreuz) oder auch den Umgang damit, wird mit einem kleinen ebenfalls gelaserten Verbotssymbol verwiesen. Strukturen sind zum Weiterdenken da. Hier entsteht wirklich Raum für eigene Gedanken. Eine so stark reduzierende und schlicht vereinfachende aber in ihrem Dasein so „herrliche“ Arbeit, mit der die Friedberger Künstlerin exakt den Nabel der Zeit damals wie heute getroffen hat.   .   .   .   .

Ein Schlusssatz  Menschen kommen hierher nach Mücke, gehen hinaus in die Natur und sprechen mit den Werken, mit sich oder auch miteinander über die Kunst und die Dinge des Lebens, die als Themen aufkommen. Und diese Themen sind so sehr aktuell! Da ist das Werk, und wo stehe ich, wo bin ich, wo gehöre ich hin. – Ich und die Anderen. – Die Behausung, in der ich lebe. Man kann hier eigene Gefühle in Werken entdecken, wiederfinden, erleben, ausleben! Man darf sich auch in Werken verlieren. Man hat die Möglichkeit, viele seiner Gedankenstrukturen zu überdenken. Die Kunst hilft zurückzuschauen, aber auch mit dem Rückblick die Zukunft anzuvisieren, nach vorne zu schauen. Ohne Kunst wäre das Leben sehr arm, mit Kunst ist es vielmehr. Machen wir uns auf, auf den vierten Weg, zu dieser wunderbaren ErzArt-Ausstellung. ©Volker Bunte (Kunsthistoriker, Gießen)

Ausstellung und Symposium gemeinsam mit Friedemann Baader, Kassel / Dierk Berthel, Würzburg / Monika Bodenmüller, Hofgeismar / Christine Dahrendorf, Marburg / Markus Elsner, Frankfurt / Sabine Hunecke, Messel / Jan Luke, Marburg / Evangelos Papadopoulos, Düsseldorf / Regina Schnerch, Marburg / Peter Pelikan, Darmstadt / Markus Stein, Kassel / Ortrud Sturm, Rödermark / Kuratoren: Volker Schönhals, Thomas Vinson


Einführungsrede „monochrom im weitesten Sinne“, HESSIALE 2017, Landeskunstausstellung des BBK Hessen, Marburger Kunstverein; 2.6. – 25.7.2017

Dr. Susanne Ließegang, Kunsthistorikerin.  (Rede, mündlich vorgetragen am 2.6.2017) – Ausschnitt

. . . Diese Ausstellung „monochrom – im weitesten Sinne“ bietet ihnen Beziehungsgefüge an, die zur „Einheit – im weitesten Sinne“ führen. Da ihr Blick auf Christine Wigges Installation gerichtet ist, möchte ich an dieser Arbeit exemplarisch darstellen, wie das einzelne Kunstwerk ein Bedingungsgefüge von Einheit und Differenz hervorbringt.

Sie schauen auf eine Arbeit, die zunächst grafisch anmutet. Es sind Linien, die mehr oder weniger Rechtecke bilden. Es macht den Eindruck, als sei der Ursprung ein Quadrat!? Ein Quadrat, das sich verdoppelt hat, das mal nur in Linien erscheint, mal als schwarzer Körper. Sie werden sehr schnell feststellen, dass diese Fixierung, die ihr Auge sucht und findet, nicht haltbar ist, weil sie immer gekoppelt ist an eine nächste Ausformulierung dieses Quadrats oder Rechteckes. Und es ist nicht nur ein Durchspielen dieser Rechteckformen, sondern diese Rechteckformen bilden zudem ein Zusammenspiel mit der Wand, denn die Linien thematisieren auch die Wand als Wand. Ihr Blick kann die „Perspektive“ verändern und Sie beginnen vorrangig die Wand wahrzunehmen. Die Arbeit erscheint dann als Segmentierungen der Wand. Dies Spiel mit den unterschiedlichen Wahrnehmungsaspekten setzt sich immer weiter fort. Sie werden kein Ende finden zu definieren, was sie dort sehen, sondern werden immer wieder von neuem anfangen, Verhältnisse herzustellen. Verhältnisse unter der Bedingung, dass sie von der Einheit her gedacht sind. Eine Einheit, die schwarz und weiß (Wand)heißt; eine Einheit, die Linie und Rechteck heißt. Es ist so einfach, so klar und so komplex wie das, was sie hier an dieser Wand sehend erfahren. Dieses „Modell“ kann nicht mit einem Satz erklärt oder gar fassbar werden. Wir brauchen sehr viel Übung in der Anschauung und in der sprachlichen Annäherung, um im Gespräch mit anderen, die Möglichkeit zu finden, diese Kunsterfahrung als Denkmodell an anderen – auch gesellschaftlichen – Zusammenhängen zu erproben. Genau darin liegt das Potential der Kunst.

Ich möchte abschließend zur eingangs formulierten Bemerkung über Kunst und Gesellschaft zurückkommen: Kunst kann heute hier in Marburg – und in Kassel – eine Wirkmacht in gesellschaftlichen Zusammenhängen entfalten, wenn sie uns miteinander ins Gespräch bringt. Die Werke alleine an der Wand sind es nicht. Die Kunst birgt die Chance, dass wir ins Gespräch kommen und damit Ideen austauschen, die im Alltag eher kaum Beachtung finden. Monchrom weitergefasst zu sehen und zu denken, das ist das Angebot der Ausstellung. Daraus ein Fest der Begegnung mit Ideen und Menschen werden zu lassen, obliegt jedem einzelnen und in diese Festveranstaltung möchte ich Sie jetzt einfach entlassen, ich wünsche Ihnen viel Vergnügen. ©Dr. Susanne Ließegang, Kunsthistorikerin.

Ausstellung gemeinsam mit (Marburger Kunstverein 1) Friedemann Baader, Nicola Barth, Sylvia von Bernstorff, Dagmar Miklau Bolterauer, Renate Brühl, Veronika Dutt, Petra Ehrnsperger, Markus Elsner, Nicole Fehling, Senta Fischer, Waltraud Frese, Margrit Gehrhus, Ingrid Hermentin, Hildegard Jaekel, Christine König, Mathias Kupferschmid, Heinz W. Lotz, Jan Luke, Roland Meyer-Petzhold, Anja Mohr, Andrea Müller-Osten, Klaus Philipp, Regina Schnersch, Veit von Seckendorff, Markus Stein, Peter Vaughan, Christine Wigge (Brüder-Grimm-Stube 2) Anna Hoffmann, Isabel Franke, Nicola Koch, Jan Luke, Lutz Kirchner  (Lutherische Pfarrkirche St. Marien 3( Friedemann Baader, Ingrid Hermentin, Sabine Hunecke (Kleiner Rittersaal (Museum im Landgrafenschloss) 4) Doris Bardong, Veronika Dutt, Monika Bodenmüller, Heinz W. Lotz  / / /  Jury: Dr. Harald Kimpel, Markus Lepper, Dr. Susanne Liesegang, Bernhard Meyer, Dr. Christoph Otterbeck

Presse Gießener Allgemeine.     . . .  Christine Wigge (Friedberg) war zweimal in Gießen zu Gast, 1994 im Kunsthistorischen Institut in der Reihe »Kunst im Seminar« und 2007 bei »Kunst: Gerecht«. Wigge arbeitet mit Raum und Linie und zeigt ein interessantes Verfahren: Laserschnitte in schwarzes Acrylglas. Sie besetzt mit wenigen, relativ kleinen Stücken eine riesige Wand auf schlüssige Weise, einfach erstaunlich.    ©Dagmar Klein, Gießener Allgemeine, 8.6.2017

https://www.giessener-allgemeine.de/regional/stadtgiessen/Stadt-Giessen-Monochrome-Vielfalt;art71,267612


Predigtgespräch mit Pfarrer Peters zur Ausstellung „Bergungen“ Bergkirche Wiesbaden im Rahmen der Ausstellungsreihe „Aschermittwoch der Künstler“, März 2013,   Vorab-Gespräch per E-Mail (Ausschnitt)

Pfarrer Peters: Frau Wigge, erzählen Sie doch einmal, wie Sie zu den Schutzdächern gekommen sind!    

Wigge: In einem früheren Projekt hatte ich verschiedene Menschen gefragt, wen oder was sie gerne beschützen möchten. Danach kam bei mir die Frage auf, ob es vielleicht auch etwas gibt, mit dem sich Menschen selbst Schutz zusprechen. Also habe ich erneut eine Frage gestellt, nämlich ob es einen Satz oder ein Zitat gibt das Menschen wichtig ist, sie begleitet. Die Sätze, die ich in die Papierdächer geschnitten habe, sind die Antworten, die ich bekommen habe. Ich habe es so umgesetzt, dass man sich darunter stellen kann, wie unter ein schützendes Dach. Gleichzeitig zeigen sie aber auch, in der Fragilität und Durchlöcherung des Papiers, die Ambivalenz, die in allen Dingen liegt, dass es den absoluten Schutz nicht geben kann – aber eben vielleicht eine innere Begleitung.

Pfr. Peters: Haben Sie ein persönliches Lieblingswort?   Mich begleitet schon lange ein kleines Gedicht von Pablo Neruda, in dem es darum geht in Zeiten der Dunkelheit geduldig nach einem Licht zu suchen.

Was hat Sie drei gereizt mit Ihren Objekten in die Bergkirche zu gehen?     Es ist immer sehr interessant sich auf unterschiedliche Raumsituaionen zu beziehen und gerade die harmonisch sehr geschlossene Bergkirche ist da natürlich eine große Herausforderung. Außerdem stellt ein Kirchenraum inhaltlich ja auch gleich neue Bezüge her. Für mich war es sehr schön die Dachformen hier aufzuhängen – es war ein Gefühl, als wären sie angekommen.

Die Konfirmanden haben sich lange damit aufgehalten, wie ein Satz: “Meine Gartenhütte ist abgebrannt“ auf ein Schutzdach kam. Die Erklärungen waren interessant. Wollen Sie das Rätsel lösen, Frau Wigge?   Der Satz auf dem Dach geht ja noch weiter, nämlich: „Nun verstellt sie mir nicht mehr die Sicht auf den Mond“. Das ist wohl ein chinesisches Sprichwort und ich denke, dass es auf der einen Seite bedeuten kann, sich nicht zu sehr an materielle Güter zu klammern. Es kann aber auch bedeuten, dass man nach einem Schicksalsschlag schauen kann, welche neuen Möglichkeiten einem vielleicht daraus erwachsen können. Dass sich neue Sichtwesen ergeben, also wie hier im Sprichwort, der Blick nicht mehr verstellt ist.

Wollen Sie mit Ihrer Kunst die Sinnfrage stellen? Und Sie Frau Breitenbach? Ist das auch Ihr Ansatz, Frau Wigge oder stellen Sie doch eher dar, was Sie durch Neugier und Empathie vorher erfragt haben?   Kunst stellt meiner Ansicht nach immer irgendwie die Sinnfrage. Mich interessiert auch, wie ist der Mensch in der Welt, wie verbindet er sich? Ich finde das Tollste, was man als Künstler erreichen kann, ist andere Menschen zu berühren, sie zu aktivieren auch Fragen zu stellen oder auch einfach nur genauer hinzuschauen.


Einführungsrede „Novum BBK“, Stadthaus am Dom, Wetzlar, 2004 (Ausschnitt)

Beate Brunkau  (Kunsthistorikerin M.A.)

In den abstrakten Werken der Künstlerin Christine Wigge, die eine Serie ihrer Werke in Rot-, Orange- und Brauntönen vorstellt, spielt die Farbe eine besondere Rolle. Es ist eine sehr spezielle Technik und ein ganz spezieller Entstehungsprozess der hier zum Resultat führt. Die Friedberger Künstlerin Christine Wigge beschäftigt sich seit 1988 in unterschiedlichen Arbeiten und Projekten mit dem Thema: Innen-Außen.

Für die hier gezeigten Werke fasst der Begriff: Innere Räume die thematische Auseinandersetzung. Sie arbeitet mit Pigmenten und Erde, (teilweise sind es selbst gesammelte Erden), die in Verbindung mit Leinöl mit den Händen in großformatige Papiere direkt eingerieben werden. Es entstehen in mehreren Arbeitsvorgängen übereinanderliegende Schichtungen und Lasuren.

Zu Beginn steht oftmals eine innere konzeptionelle Vorgabe die sich auf bestimmte geometrische Formen bezieht- während des Arbeitsprozesses verselbständigt bzw. verändert sich dies. Durch die Schichtung und die Spuren welche durch die Arbeit mit den bloßen Händen verursacht werden ist es, so wie die Künstlerin es selbst beschreibt, eher eine „ gefühlte Geometrie und es kommt eine „ Innere Form „ zum Ausdruck. Das was als „Innerer Raum“ bezeichnet werden kann manifestiert sich im Bild. Ihre Werke zeichnen sich durch eine harmonische Gesamtwirkung im Zusammenspiel von Farbverwendung (warme Farben) und strukturgebenden geometrischen Flächen aus. Es ergeben sich keine harten Kontraste, ihre Bilder strahlen eine innere Geschlossenheit und Ruhe aus. Geometrische Elemente, wie das Quadrat, vertikal sowie horizontal versetzt und farblich voneinander abgesetzte Rechteckformationen  stehen immer dem Organischen gegenüber.   ©Beate Brunkau (Kunsthistorikerin M.A.)

Ausstellung „Ohne Titel“, in der Reihe „NOVUM“ des BBK Mittelhessen gemeinsam mit mit Dieter Hoffmeister, Maria Miladinovic, Ortrud Sturm